Einmal die Räder wieder zusammengebaut, fahren wir im strömenden Regen durch Panamas feuchtwarmen Dschungel. Die glitschige Strasse lässt uns rumrutschen und nach kurzer Zeit sind wir verschlammt und nass von Kopf bis Fuß. Der Schweiß läuft in Strömen und unser glückliches Lachen erhellt den ganzen Himmel, der grau und verhangen die Hitze wie ein Gewächshaus einschließt. Vogelgezwitscher vermischt sich mit unserem lauten Freudengeschrei. "Ach, wie schön ist Panama!“ Und wie schön ist es, wieder auf dem Rad zu sitzen! Wir fühlen uns unendlich frei. Wir strampeln, rutschen und strudeln von Pfütze zu Pfütze und die Schmetterlinge umtanzen uns hektisch. Ebenso zahlreich und gierig umschwirren uns Moskitos, die einen geeigneten Moment erheischen, um uns mit ihrem fiesen Rüssel das Blut abzuzapfen. Erst geht der Weg durch dichten Dschungel. Die Brüllaffen scheinen uns den Weg zu kreischen, bis wir zurück an der Karibikküste wunderschöne Strandabschnitte befahren, bevor der Verkehr etwas ansteigt und wir in der Nähe von Colon, einer wüsten Hafenstadt, ebenso dreckig wie ungastlich, nach Westen Richtung Panama City einbiegen. Spät ist es geworden und nichts deutet darauf hin, dass wir hier eine Unterkunft finden. Wir können auf dem bewachten Grund einer Firma zelten. Wir teilen unser Abendessen mit dem alten Torwächter Pablo, der nach zwei Freibier so hackedicht ist, dass er vermeintliche Einbrecher eher einladen als abschrecken würde und schlafen seelenruhig in den Weihnachtstag hinein. Heute wollen wir nach Panama City, und da wir gerade so schön in Fahrt sind, freut es uns, Hildebrando, einen Radrennfahrer zu treffen. Er begleitet uns streckenweise entlang dem Panamakanal in die Stadt, führt uns zum Hotel, während er uns vieles über die Entstehung des Kanals erzählt. Ein unglaubliches Werk, das in zwei Bauphasen von 1881 bis 1889 und 1906 bis 1914 entstanden ist und nicht nur kriegsstrategische, sondern vor allem wirtschaftliche Bedeutung hat. Die Durchfahrt eines Tankers kostet ca. 150 000 US Dollar. Der Amerikaner Richard Halliburton schwamm im Jahre 1928 in acht Tagesetappen für 36 Cent als erster Mensch durch die Passage. 28.000 Menschenleben forderte dieser Bau, wovon ca. 22000 Menschen dem Malariafieber erlagen. Begonnen von Franzosen, weitergeführt von den Amerikanern, weil den Franzosen die finanziellen Ressourcen ausgegangen sind. Der Bau des Kanals lockte Arbeitskräfte aus aller Welt an dadurch besteht das Land heute aus einem bunten Völkergemisch. Ebenso kontrastreich ist die Landschaft Panamas. Gerade noch im Dschungel, auf Schlammstrassen oder auf den San Blas Inseln bei den ursprünglich gebliebenen Kunas, finden wir uns am 24. Dezember in einer „amerikanischen Metropole“ wieder.
FROEHLICHE UND BESINNLICHE WEIHNACHTEN WUENSCHEN WIR DIR VON HERZEN
Den Weihnachtsabend verbringen wir so weihnachtlich wie ein Osterhase im Hochzeitsgewand. Die Familie fehlt, Freunde fehlen, und deshalb genießen wir zwei ganz normale Reisetage. Hildebrando führt uns durch seine Stadt, gibt uns eine Idee der Kultur der Panamenos und wir geben sogar beim hiesigen Lokalblatt ein Interview. Ein wunderbares Geschenk macht uns unser Freund Klaus aus München: Er kuendigt uns seinen Besuch in San Jose, der Hauptstadt Costa Ricas, an. Da unsere Schiffspassage von Kolumbien länger als geplant gedauert hat, heißt es nun: Stahlpferd satteln und großes Kettenblatt voran! Ohne Umwege an Pazifik- oder Atlantikküste rollen wir der Grenze Costa Ricas entgegen. In David, der letzten Stadt in Panama, wissen wir, dass wir es nicht schaffen können. An der Grenze steigen wir unwillig in den Bus und verabschieden uns von Panama, dem tropischen „Klein-Amerika“, hügelig und grün mit seinem Kulturengemisch aus aller Welt. Hektisch laden wir die Räder auf eins der Colectivos, diese öffentlichen Busse sind wirklich erstaunlich. Dieses Bussystem, das in ganz Südamerika installiert ist und ebenso in Zentralamerika funktioniert, entlockt mir immer wieder ein erstauntes, bewunderndes Lächeln. Alles und jeder fährt mit. Es wird aufgeladen, abgeladen, immer in rollender Situation. Vielleicht, weil dieses oft dürftig funktionierende Alteisen sonst nicht mehr anzurollen droht! Manche sind in so traurigem Zustand, dass es bei mir den Eindruck erweckt, die kunstvoll verzierten Busse werden nur noch durch die Farbe zusammengehalten. Es sind ausrangierte „Schoolbuses“, diese gelben Monster, die wir aus den amerikanischen Filmen kennen! Halb geschenkt und halb gespendet unter der Rubrik „Brot für Brüder“. petra
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